Pantanjali Yogasutra I.12

“Abhyāsa-vairāgyābhām tan-nirodhah”

“Durch Praxis und Gelassenheit sollen die Gedankenbewegungen gezügelt und aufgehalten werden.”  (nach AG Mohan)

Diese Sutra gibt eine praktische Antwort darauf, wie wir es schaffen können, aus unserem Gedankenkarussel aus Wollen und Nicht-wollen, aus Ängsten und Sorgen heraustreten können. Die Yoga-Praxis stellt hierbei den aktiven Teil dar. Durch das regelmäßige Üben und das stete Dranbleiben, spüren wir nicht nur die wohltuenden Effekte auf den Körper und unsere Atemfähigkeit, wir bemerken auch, dass wir schneller zur Ruhe kommen und uns immer besser während des Übens auf das atemzentrierte Üben konzentrieren und darauf einlassen können. Die Gelassenheit (Vairagya kann auch mit Losgelöstheit übersetzt werden) bewahrt uns davor, mit zu viel Ehrgeiz und Verbissenheit an die Übungen heranzutreten. 

Gelassenheit und Gleichmut sind Geisteshaltungen, die uns davor schützen, alles kontrollieren zu wollen und darüber in eine sorgenvolle Negativspirale zu rutschen. 

Was für unseren Yogaweg gilt, gilt so auch für unser Leben und die Herausforderungen, die wir hier meistern müssen. Abhyasa und Vairagya sind die Zutaten, die wir für alle Unternehmungen brauchen. Ohne unseren Einsatz und unser stetes Bemühen “werden wir keine Meister”. Wir tun jedoch gut daran, uns in den Bemühungen nicht aufzureiben, seien es Prüfungen, berufliche Herausforderungen, private Projekte. Denn es gibt immer einen Anteil, der ausserhalb unserer Kontrolle liegt. Am simplen Beispiel einer Prüfung wäre das die Sympathie und die Laune des Prüfers, die einen nicht unerheblichen Einfluß auf das Ergebnis haben können. Das zum einen. 

Und wir tun ebenso gut daran, den Erfolg, den unsere Bemühungen haben, uns nicht zu Kopf steigen zu lassen, gerade weil nicht alles in unserer Macht steht, auch andere Variablen führen dazu, dass eine Unternehmung ein erwartetes Ziel erreicht.

Der Hintergrund für diese Empfehlungen von Pantanjali ist das klare Ziel des Yoga, unsere Gedankenbewegungen so zu beruhigen, dass wir bis zur höchsten und anhaltenden Konzentration aller unser geistigen Kräfte zum Zwecke der Selbsterkenntnis und ultimativ zur Transzendenz gelangen. Vor diesen Hintergrund zielen die Sutras darauf ab, immer wieder klar zu stellen, was beunruhigt unseren Geist und was hilft im Gegenzug, wieder in eine ruhige und klare Geisteshaltung zurückzufinden bzw. diese zu bewahren und zu vertiefen. 

Unabhängig davon, wie entfernt uns Patanjalis Ziel erscheinen mag, sollten wir uns nicht abschrecken lassen und schauen, was können wir in unserem Leben davon nutzen. Denn jeder noch so kleine Schritt im Alltag, den wir in angemessener Anstrengung und bei gleichzeitiger gelassener Geisteshaltung gehen können,  bedeutet ein Riesenerfolg für unsere innere Ruhe und ist so spürbar in einem Zugewinn an Wohlbefinden und Zufriedenheit.

Om Shanti