Zeit und Zeitqualität

Weil die Zukunft offen und damit unkontrollierbar ist, haben Menschen zu allen Zeiten versucht, Ereignisse vorherzusagen, Muster zu erkennen, Zeitqualitäten zu erfassen und in die Zukunft zu projizieren. Damit wollten und wollen sich Menschen für das Kommende wappnen und besser noch, Unbill aus dem Wege gehen und glückliche Fügungen einfangen.


In der chinesischen Metaphysik gibt es auf der Grundlage der 5-Elemente-Lehre das astrologische System Ba Zi (die 8 Zeichen), mit dem die Qualität der Zeit zu einem bestimmten Zeitpunkt im Raum dargestellt werden kann. Vereinfacht kennen wir es als chinesischen Tierkreis und wissen vielleicht, dass mit dem chinesischen Neujahrsfest (dieses Jahr am 10.2.) ein neuer Tierkreis dem Jahr seinen Namen gibt. Zu Beginn eines Jahres ist es für viele Menschen aus verschiedenen Gründen spannend, einen Blick in die Zukunft des neuen Jahres zu werfen. 

 

 

Der Feuer-Zyklus

Wenn wir die chinesische Metabrille aufsetzen, treten wir 2024 in das Jahr des Holzdrachens ein.  Der feurige Drache hat viel eigene Energie (durch das Holz) und kann sowohl viel bewegen und leuchten als auch Chaos anrichten. Nach den Zeitzyklen des Mondkalenders beginnt gleichzeitig ein neuer 20-Jahres-Zyklus, der im Zeichen des Elements Feuer steht. In den nächsten 20 Jahren dominieren die Eigenschaften des Elementes Feuer:

 

Aktivität und Dynamik: Feuer steht für die Entfaltung von Aktivität und Leidenschaft.


Transformation: Feuer verwandelt Holz in Asche und steht für Wandlung und Veränderung.


Leidenschaft: Feuer steht für Emotionen, Leidenschaft und Freude.


Licht und Wärme: Feuer bringt Licht und Wärme in die Dunkelheit und Kälte.

 

 

Je nachdem, wie hoch die Flamme lodert und brennt, kann Feuer auch verbrennen. Die nächsten 20 Jahre werden deshalb nach dem chinesischen Kalender als eher bewegt und unberechenbar angesehen, im Gegensatz zu den letzten 20 Jahren, die dem stabilen Element Erde zugeordnet wurden.

 

 

Das reine Bewusstseinsfeld

Patanjali erklärt in seinen Yogasutras im 3. Kapitel, dass Zeit (und Raum) in unserem Geist entstehen. Jenseits des Geistes, im Bereich des reinen Bewusstseins, gibt es weder Zeit noch Raum. Das dritte Kapitel ist ein eher mystisches Kapitel, in dem dargestellt wird, was passieren kann, wenn wir uns durch meditative Techniken dem Feld des reinen Bewusstseins (im Englischen wird gerne der Begriff ‚pure awareness‘ verwendet) immer weiter nähern.

 

 

Swami Hariharanandas Meditationsanweisungen

Das kann soweit gehen, dass die Yogis sogenannte ‘Siddhis’ (magische Fähigkeiten) erlangen, die regelrecht die Gesetze der Physik in unserer vierdimensionalen Welt aus Raum und Zeit aushebeln. So reizvoll das einem Zauberlehrling scheinen mag, diese Fähigkeiten werden wie Nebengeräusche auf dem eigentlichen Pfad nach innen behandelt. Das eigentliche Ziel ist nach wie vor den Raum hinter den geistigen Bewegungen zu entdecken und zu halten.

Swami Hariharananda, der als moderner Vertreter der Samkhya-Philosophie gilt, erläutert in seinem Kommentar zu Patanjalis Sutra III.1 über Dharana (vereinfacht die erste Stufe der Meditation), dass man sich diesem Raum schrittweise meditativ nähern kann. Zunächst konzentriert man sich auf Objekte in der Außenwelt (ein Bild, eine Kerzenflamme) oder auf Regionen im Körper (z.B. den Herzraum), sozu sagen als Training für unseren bewegten Geist an einem Objekt festhalten zu können. Tiefer gehe es dann, indem man sich von externen Objekten und inneren Regionen löst und auf das Ich-Bewusstsein konzentriere - in Form von ‚Ich bin‘ - ohne Zusätze. Aus dem ‚Ich bin‘ kann dann das reine ‘Ich’ entstehen. Das reine Ich-Gefühl kommt dem reinen Bewusstseinsgefühl am nächsten, da es  ungerichtet ist und weit.

 

 

Kleine Schritte wirken auch

Warum mache ich nun diesen großen Bogen vom Jahr des Holzdrachens zum weiten Ich-Gefühl? 

Unabhängig von dem, was im Außen geschieht, welchen Einflüssen wir durch Zeit und Raum ausgesetzt sind, lehrt uns Yoga, wie wir Kraft und Anker im Inneren finden können. Und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Auch hier zählt jeder Schritt. 

Es geht also weniger (bzw. nicht nur) um das anspruchsvolle Ziel, als darum, sich einfach auf den Weg zu machen, den Fokus immer wieder nach Innen auszurichten und so schrittweise wohltuende und weite Räume zu entdecken und zu kultivieren, die Kraft und Ruhe spenden, um den Herausforderungen zu trotzen.

Bild @Sasin Tipchai, Pixabay

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Svastha News Januar 2024